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IFA Historie – die Jahre 1990-1999
Die IFA, die weltweit größte und bedeutendste Messe für Consumer Electronics und Home Appliances, feiert in diesem Jahr ihren 100. Geburtstag. Im Dezember 1924 fand die IFA als „Große Deutsche Funk-Ausstellung“ in Berlin erstmals statt. Seit dieser Zeit steht die IFA für Innovation, Technologie und Unterhaltung.
Anlässlich dieses Jubiläums lässt die Branchenorganisation gfu Consumer & Home Electronics GmbH, Inhaberin der Markenrechte der IFA, 100 Jahre technische Entwicklung der Consumer Electronics- und Hausgeräte-Branche Revue passieren. Folge sieben befasst sich mit den Jahren 1990 bis 1999.
Der erste Teil der folgenden Abschnitte handelt von der eigentlichen Funkausstellung im jeweiligen Jahr, der zweite Teil berichtet über die Branche allgemein.
1990
In diesem Jahr fand keine IFA statt.
Die Videotext-Ausstrahlung wurde zum Regelbetrieb. Dazu gab es erste Versuchssendungen im hochauflösenden Fernsehen HDTV anlässlich der Fußball Weltmeisterschaft in Italien. Die Nationale HDTV-Plattform Deutschland wurde gegründet, ebenso die National DAB-Plattform (Digital Audio Broadcast). Erstmals wurde Halbleiterspeicher ohne bewegliche Teile als Tonspeicher im Studiobetrieb verwendet. Die Digital Compact Cassette DCC und die Photo-CD wurden angekündigt. Ein sprachgesteuerter Videorecorder wurde in Japan vorgeführt. Die „Super Mario World“ Spiele kommen auf den Markt.
Am 3. Oktober beschließt die DDR ihren Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland.
1991
Die 38. „Internationale Funkausstellung“, vom 30. August bis 8. September, hatte 571 Aussteller aus 29 Ländern und zog knapp 516.000 Besucher an. Sie war nach Jahrzehnten wieder eine gesamtdeutsche Funkausstellung. Die Fokusthemen dieser IFA waren einerseits der offizielle Ausstrahlungsbeginn für den europäischen Standard D2-MAC und andererseits das Breitbild- oder Kinoformat 16:9, auf das die TV-Übertragung umgestellt werden sollte. Entsprechend gab es TVs mit 92 cm (36 Zoll), 82 cm (32 Zoll) und 71 cm (28 Zoll) Bild zu sehen. Mit einer Bilddiagonalen von 142 cm (56 Zoll), in 16:9, wurde ein TV-Projektionsgerät gezeigt. Ein Videorecorder mit „Archiv-System” wurde vorgestellt. Er legte für jede Aufnahme eine elektronische Karteikarte an. Damit sollte mehr Ordnung in den eigenen Aufnahmen möglich sein. Weiterer Anziehungspunkt war der Satelliten-Empfang. Hier standen Anlagen für mehrere Teilnehmer im Fokus. Die CD bekam einige „Ableger“: CD-R, Photo-CD und CD interaktiv (CD-i). Aus dem Audiobereich ist die Vorstellung der „DCC“ zu nennen, die weiterentwickelte Compact-Cassette mit Datenkomprimierung und digitaler Aufzeichnung. Parallel dazu wurde die „Mini Disc“ (MD) gezeigt. Die kleine Platte mit 6,4 cm Durchmesser bot eine Spielzeit von 74 Minuten. Aus dem Gesamterfolg der IFA wurde im Abschlussbericht der Bereich „HiFi High End“ herausgegriffen, ein Bereich, der sich seit der IFA 1991 auf der Messe heimisch fühlt. Einen weiteren Schwerpunkt bildete der Bereich Telekommunikation, der sich zum zweiten Mal auf der IFA präsentierte. Neuheiten aus den Kategorien Telefon (schnurlos und drahtgebunden), Anrufbeantworter, Telefax und Mobilfunk wurden präsentiert. Der Presse war damals zu entnehmen, dass aufgrund sinkender Preise eine Steigerungsrate im Markt um 30 Prozent zu erwarten war . ARD und ZDF teilten sich im täglichen Wechsel Ort und Equipment von Halle 5 und Sommergarten. Legendär waren die Auftritte von Thomas Gottschalk und Günther Jauch im Sommergarten. Die Sonderschauen behandelten unter anderem die Themen PALplus, DAB, HDTV-Cinema, Multimedia-Anwendungen sowie Glasfaserübertragung ins Heim (Fiber to the Home, FTTH). Zudem wurde im „Technisch Wissenschaftlichen Programm“ ein Vergleich zwischen UKW und DAB vorgeführt, der die deutlichen Vorteile der digitalen Übertragung aufzeigte. Ein Vortragsprogramm für Handel und Handwerk und ein Datenschutz-Symposium rundeten das Angebot ab. Erstmals war von der IFA als „Weltleitmesse“ zu.
Auf der ersten Sitzung der nationalen HDTV-Plattform (später umbenannt in Deutsche TV-Plattform) ging es um die Formatumstellung und es wurde angemerkt, dass man einen 16:9 Fernseher auch ausgeschaltet bereits am neuen Format erkennen könne – der Fernseher erhielte endlich wieder eines der stärksten Kaufargumente, nämlich Prestige-Gewinn. Interessant war zudem, dass sich auf dem deutschen Markt in diesem Jahr insgesamt 36 Anbieter von Camcordern mit über 280 Modellen tummelten. Die Abmessungen und das Gewicht der Camcorder wurden kleiner, nur 580 Gramm beispielsweise.
Im Januar erklärte das Bundesministerium für Post und Telekommunikation, dass es nicht mehr erforderlich sei, Parabolantennen für den Empfang von Hörfunk und Fernsehen im Rahmen einer gebührenpflichtigen Einzelgenehmigung bei der Behörde anzumelden. Das erste Pay-TV-Programm begann am 28. Februar. Am 2. März wurde der Satellit Astra 1 B gestartet. Das erste GSM-Gespräch (Global System for Mobile Communications, digitales Netz für Funktelefone) fand am 1. Juli statt.
1992
In diesem Jahr fand keine IFA statt.
Anlässlich der Olympischen Winterspiele in Albertville und der Sommerspiele in Barcelona gab es erste HDTV-Test-Übertagungen in HD-MAC. Sie konnten in 800 sogenannten „Viewing Sites“ in Europa gesehen werden. Die D-Netzte auf Basis des GSM-Standards wurden in Deutschland am 1. Juli gestartet. Erste LCD-TVs mit 21,7 cm (8,5 Zoll) für den privaten Gebrauch erlebten ihre Premiere. Der von der „Motion Pictures Expert Group“ (MPEG) vorgelegte Datenkompressionsstandard für bewegte Bilder erlaubte Kompressionsraten von 200:1. DCC und MD kamen auf den europäischen Markt, dazu die Photo-CD, auf der bis zu 100 Bilder digital speicherbar waren. Camcorder bekamen einen farbigen Suchermonitor und einen Digital Image Stabilizer gegen verwackelte Aufnahmen. Ein Speicherchip im Autoradio konnte vier Minuten Verkehrsmeldungen speichern, die bei Bedarf wiedergegeben werden konnten.
1993
Vom 27. August bis 5. September fand die 39. „Internationale Funkausstellung“ mit 571 Ausstellern aus 29 Ländern statt und knapp mehr als 446.000 Besucher wurden genannt. Vermerkt wurde, dass die fortschreitende Digitalisierung sich im Bedienungskomfort bemerkbar machte, aber ansonsten technische Sensationen Mangelware waren. Mit sogenannter OSD-Technik (On Screen Display) konnten nötige Einstellvorgänge mit Hilfe von Bildschirm-Menüs per Fernbedienung vom Sessel aus erfolgen. Immer mehr 16:9 Geräte waren zu sehen und der Surround-Ton kam. Vorgestellt wurden exklusive Design-TVs aus namhaften Design-Büros (z.B. F.A. Porsche oder Luigi Colani). PALplus mit verbesserter Bildqualität und 16:9-Formatumschaltung sollten die Käufer:innen überzeugen. Aufsehen erregte zudem ein Laser-TV, der erstmals präsentiert wurde. Dolby-Pro-Logic für Raumklang zog in die TVs ein. Ein großes Thema bei Fernsehern war der Stand by-Verbrauch, dieser konnte auf ein Watt und weniger reduziert werden. Eine Überraschung war ein Fernseher mit Edelstahl-Gehäuse als umweltfreundlicher Prototyp. Bei den Videorecordern wurde die Einführung von „ShowView“ diskutiert. Das System ermöglichte die Programmierung der Videorecorder mittels eines Zahlencodes, der in den Programmzeitschriften abgedruckt wurde. Anders als beim sogenannten „Voice Commander“, der die Programmierung per Sprache erlaubte. Ebenfalls für Videorecorder war das sogenannte „Jugendfrei-Bit“ im VPS-Signal gedacht, eine inhaltsabhängige Kindersicherung. Der Bereich Telekommunikation belegte schon 20 Prozent der Ausstellungsfläche der IFA. Dort waren die immer handlicher gewordenen D-Netz-Funktelefone zu bewundern. ARD und ZDF teilten sich Raum und Zeit nun aus Kostengründen blockweise. Von den privaten Programmanbietern waren SAT.1, RTL und Pro 7 mit Unterhaltungssendungen auf der IFA vertreten, n-tv präsentierte Nachrichten-Sendungen. Die Fülle an Fachveranstaltungen war im „Internationalen Mediendialog Berlin 1993“ zusammengefasst. Breitbildformat, 16:9, Eureka 95 HDTV, digitale Übertragung, Glasfasernetze und internationales Pressekolloquium gehörten beispielsweise zu den Schlagworten. Aufsehen erregten zudem Kunstinstallationen mit TV-Geräten, beispielsweise in Form einer großen Schildkröte. Die Deutsche Telekom präsentierte eine Funkrufuhr als „Piepser“.
Am 12. Mai wurde schon der dritte Astra-Satellit (1 C) gestartet, er übertrug ab 27. August nun auch ARD und ZDF, erstmals auch Programme von privaten Anbietern sowie einige dritte Programme. Durch die drei Satelliten eroberte das Astra-Satelliten-System rund 90 Prozent der Parabol-Antennen in Deutschland. Nun waren 50 Fernsehprogramme über diese Satelliten-Position empfangbar. Das Eutelsat-System bot insgesamt rund 100 Transponder für die europäische Kommunikation, beispielsweise aktuelle Berichterstattung über Satellit oder den Programmaustausch innerhalb der European Broadcasting Union (EBU). Dem Satelliten Kopernikus der Deutschen Telekom fehlten hingegen die zukunftssicheren Programmkonzepte und er wurde zum Auslaufmodell. Insgesamt gab es bereits 3,8 Millionen Sat-TV-Haushalte im wiedervereinten Deutschland. Jeff Bezos gründete am 5. Juli in Bellevue, Washington, sein Unternehmen Amazon. Am 10. September wurde eine Vereinbarung über den „harmonisierten digitalen Video-Rundfunk“ verabschiedet, die Geburtsstunde des weltweit erfolgreichen DVB-Projekts (Digital Video Broadcasting). Nach 20jähriger Entwicklungszeit wurde das „Digital Mirror Device“, eine TV-Projektionstechnik mit 440.000 kleinen quadratischen Spiegeln auf einem Silizium-Chip, vorgestellt. Die Technologie wird auch als „Digital Light Processing“ (DLP) bezeichnet und ist heute in Projektoren zu finden. Mit „Starwing“ erschien das erste im großen Stil vermarktete 3D-Spiel Japans. Carin (Car Information and Navigation System) hieß ein Navigationssystem für Fahrzeuge, das in diesem Jahr abschließend erprobt wurde. Die Navigationsausgabe erfolgte per Sprache und Display. Erste „Personal Digital Assistants“ (PDA) kamen auf den Markt. Der erste 32 Bit-Mikroprozessor, bekannt als „Pentium“, wurde vorgestellt. Das CERN, die Europäische Organisation für Kernforschung, gab das „World Wide Web“, heute besser bekannt als „Internet“, frei. „Mosaic“ hieß der erste grafikfähige Internet-Browser. Die ersten Staubsauger ohne Staubbeutel kamen in Europa auf den Markt. FCKW als Kühlmittel wurde aus den Kühl- und Gefriergeräten verbannt.
Lesen Sie hier weiter IFA Historie - die Jahre 1990-1999 - GFU
Die Geschichte der IFA ist unter gfu.de/ifa-berlin/100-jahre-ifa/ zu finden.
Quellen
Die Geschichte der Unterhaltungselektronik, Jochen Wiesinger
70 Jahre Funkausstellung, Heide Riedel
Vom Dampfradio bis Multimedia, Claus Reuber